Ring an einem Abend - Sinfonieorchester St.Gallen | Oper und Kultur

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Ring an einem Abend - Sinfonieorchester St.Gallen | Oper und Kultur

Loriots "Der Ring an einem Abend" Konzert und Theater St.Gallen

Herren des Rings

Nach Loriots Vorlage präsentiert das Sinfonieorchester St.Gallen unter der Leitung von Modestas Pitrenas einen kurzweiligen Abend mit Ausschnitten aus Wagners Zyklus "Der Ring des Nibelungen". Mit spitzfindigem Humor verbindet Sprecher Bruno Riedl hinter ernster Miene die Sagen von vier Opern. In einem höllischen Walkürenritt durch die 15 Opernstunden wird der konzertante Abend aber auch durch die SolistInnen zu einem kurzweiligen Glanzpunkt der Tonhalle, an dem sich das Publikum gleichermassen erfreuen und belustigen kann.

Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot, war nicht nur Karikaturist und Humorist. Seine Begeisterung für Musik und insbesondere die Oper inspirierte ihn zu vielfältigen Textfassungen mit denen er viele Werke, wie Saint-Saëns "Karneval der Tiere", oder Prokofjews "Peter und der Wolf", auf geniale Weise in eine verständliche Form packte. Die Beliebtheit dieser Text-Begleitungen erreicht bis heute ein breites Publikum, besonders auch junge Menschen.

Ernster Humor
Mit Ausschnitten aus Wagners vierteiligem Opernzyklus "Der Ring des Nibelungen", der glatte 15 Stunden umfassen würde, formte Loriot einen kurzweiligen, knapp dreistündigen Abend. Seine Textführungen sind wie immer gefüllt mit Spitzfindigkeiten, durch die er den Figuren der alten Sage ordentlich einheizt. In präziser Zusammenfassung kitzelt er dabei, eingehüllt in seine typisch ernste Miene, den Zuhörer*Innen an vielerlei Stellen ein Schmunzeln und Lachen heraus. Schauspieler Bruno Riedl als Sprecher verbindet, dem Vorbild entsprechend, mit ebenso unerschütterlichem Ernst die konzertanten und vokalen Sequenzen und führt unter der musikalischen Leitung von Modestas Pitrenas in brillanter Weise den unterhaltsamen Abend.

"Wenn die Rheintöchter, sagen wir mal, etwas entgegenkommender gewesen, hätte man sich drei weitere, aufwändige Opern sparen können. Das sollte zu denken geben!"

Das Rheingold
Die drei Töchter mit den kuriosen Namen Woglinde, Wellgunde und Flosshilde (Fiqerete Ymeraj, Candy Grace Ho und Christina Blaschke) läuten das Ende der Unschuld ein. Lieber treiben sie mit dem kleinwüchsigen Voyeur Alberich (David Maze) ihr böses Spiel, als auf das ihnen anvertraute Rheingold aufzupassen, das von einer Fanfare begleitet, den Sonnenaufgang widerspiegelt. Um die Erotik betrogen flucht der Nibelung auf die Liebe, entlockt den Damen das Geheimnis und stiehlt das Gold. Zu einem Ring geformt, soll es ihm nämlich zur Weltmacht verhelfen.

Doch lange hat Alberich nicht Freude an seinem Schmuckstück. Denn dieses wird ihm von Wotan (stimmlich imposant durch den finnischen Bariton
Kristján Jóhannesson verkörpert) abgejagt und als Ersatz für Wotans unabkömmliche Schwägerin Freia von monsterfüssigen Heiratsanwärtern für den Bau des Wallhall wieder abgeluchst. Auf dass die alle künftigen Besitzer keine Freude daran haben, verflucht Alberich deshalb den Ring.

"Der Fremdling zieht mühelos das Schwert aus dem Stamm und wir erleben die Wiedervereinigung der Zwillingsgeschwister Siegmund und Sieglinde. Es handelt sich dabei um Inzest und Ehebruch, man ist begeistert!"

Zwillinge, nicht nur im Geiste
Siegmund, der sich verletzt zum Haus seiner verlorenen Zwillingsschwester schleppt, wird von dieser und Ihrem Ehemann aufgenommen, soll aber danach zum Zweikampf herausgefordert werden. Sieglinde, schleicht sich, nachdem sie den Gatten vorsorglich sediert hat, zu ihrem Bruder. Sie zeigt ihm das Schwert, das im Stamm der Esche steckt und wohl nur Siegmund in der Lage ist, herauszuziehen.
Wotans und Sieglindes Tochter, die Walküre Brünnhilde (Alexandra Petersamer), wird von der Familie ausgeschlossen, nachdem Sie der schwangeren Sieglinde Schutz gewährt hat. Das Schwert zerschlägt Wotan in Stücke, nachdem er Siegfried getötet hat.

Siegfried (Roy Cornelius Smith), der Sohn des Zwillingspaares Siegmund und Siglinde (gesungen von den Geschwistern Christopher und Libby Sokolowski) und durch Alberichs Sohn Mime (Riccardo Botta) grossgezogen, zieht los, um mit dem wiederhergestellten Schwert, den Besitzer des Rings, Fafner zu erschlagen. Er erschlägt auch seinen Ziehvater Mime, weil dieser ihm wegen des Rings nach dem Leben trachtet. Schliesslich findet er Brünnhilde, mit der er das Feuer durchschreitet und
die Liebe besingt.

"Siegfried lagert sich unter einer Linde, wo ihn Wagner zwölf Jahre sitzen lässt, um schnell mal den Tristan und die Meistersinger zwischendurch zu schieben."

Götterdämmerung
Ein weiterer Sohn Alberichs, Hagen (
Kristján Jóhannesson), der nun nach dem Ring giert, versucht Siegfried durch einen Liebestrank an Gutrunde zu binden, was ihm auch gelingt. Die Unschuld Siegfrieds erkennt Brünnhilde erst, nachdem sie ihn in Ihrer Wut töten liess. Hagen, nun im Besitz des Ringes, wird von den Rheintöchtern in die Tiefe gezogen. Die Walküre verbrennt, während sie in die Flammen des Feuers reitet, in das Wallhall durch die Einäscherung Siegfrieds aufgeht.

"Dann beginnt der Alptraum der Bühnentechnik. Brünnhilde gibt ihrem Pferd die Sporen und springt in das Flammenmeer von dem auch Wallhall verschlungen wird."

Alles Gold was glänzt
Gastsolistin Alexandra Petersamer verkörpert die Walküre mit umwerfender Bühnenpräsenz mit Goldkleid, neckisch kräuselndem Blondhaar und wagnerisch dramatischer Imposanz. Ein echter Lustgewinn, denen die Mitstreiter Roy Cornelius Smith als Siegfried,
Kristján Jóhannesson als Wotan und Hagen, Christopher Sokolowski als Siegmund, Riccardo Botta als Loge und Mime, wie auch David Maze als Alberich und Gunther in nichts nachstehen. Aber auch mit Libby Sokolowski als Sieglinde hat sich das Haus ein bezauberndes Ensemblemitglied gesichert, das sowohl in lyrischen, wie in dramatischen Fächern, mühelos bestehen kann. Bezaubernd auch die drei Chorsolistinnen Fiqerete Ymeraj, Candy Grace Ho (derzeit als Papagena in Mozarts Zauberflöte zu bewundern) und Christina Blaschke als Rheintöchter, die sowohl solistisch, als auch im Trio harmonisch aufeinander abgestimmt, einen Hörgenuss bieten.
Geführt vom musikalischen Leiter Modestas Pitrenas, der gemeinsam mit allen Spezialist*Innen des Sinfonieorchesters, durch Präzision, Aufmerksamkeit und symbiotischem Kontakt jeden Konzertabend zum Leuchten bringt.

Carmela Maggi
12. Januar 2023

"Der Ring an einem Abend" 12. 13. und 15. Januar 2023 in der Tonhalle St.Gallen; Trailer
Infos und Tickets


(Bildrechte: Konzert und Theater St.Gallen)