*Zauberflöte-Stadttheater Bern | Oper und Kultur

Oper und Kultur

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*Zauberflöte-Stadttheater Bern | Oper und Kultur

Die Zauberflöte - Stadttheater Bern

Ritus der Freimaurer

Mit einer aufwändigen Premiere von Mozarts Zauberflöte feiert das Stadttheater Bern seine Saisoneröffnung. Mozartesk und homogen aufeinander abgestimmt verzaubern alle Stimmen das Publikum im ausverkauften Saal. Umrahmt von einem Feuerwerk an Bühnenbildern, die durch Raum und Zeit reisen, ohne jemals überladen zu wirken. Einen Ausflug in die Schweizer Hauptstadt ist die Aufführung für die beliebteste aller Opern jedenfalls wert.

«Der, welcher wandert diese Strasse voll Beschwerden, wird rein durch Feuer, Wasser, Luft und Erden.»
Wolfgang Amadeus Mozart entfernt sich mit seiner letzten Oper «Die Zauberflöte» vom Kaiserhof und stellt sie, zusammen mit seinem Freund Emanuel Schikaneder, der das Libretto dazu schrieb, in dessen Theater dem gemeinen Volk zur Verfügung. Ein wahrer Skandal! Aber nicht nur damit handelt er sich Ärger ein. Sondern auch, und vor allem wegen der Offenlegung geheimer Riten der Freimaurerloge, die Mozarts Schaffen zeitlebens unterstützte.
Die Geschichte, auf den ersten Blick fantasiereich und humorvoll aufgesetzt, bietet bei näherer Betrachtung ordentlich sozialpolitischen Sprengstoff, der sich bis in die heutige Zeit adaptieren lässt. Im Gegensatz dazu steht die unangefochtene Schönheit der Komposition, die das Werk des jung verstorbenen Komponisten bis heute weltweit zu einem der beliebtesten und meistgespielten gemacht hat.
 
In deutscher Sprache geschrieben, enthält die Oper ungewöhnlich viele Rezitative. Eine Herausforderung an Artikulation und Schauspielkunst der Sängerinnen und Sänger. Auch wegen der Berührungspunkte höchster und tiefster Töne in anfänglicher Feindschaft der Geschlechter, die sich durch die Liebe ihrer Kinder letztendlich verbinden. Mit einem Happy End stellt sich die Oper jedenfalls gegen die damals herrschende, italienische Tradition.
 
«Drum höre unsre Lehre an: Sei standhaft, duldsam, und verschwiegen!»
Die Rezitative präzise und verständlich artikuliert haben alle Protagonistinnen und Protagonisten, wenn auch grösstenteils mit hörbaren Akzenten. Scheu und naiv beginnt das Szenario. Genauso scheu klingen anfänglich die Stimmen der drei Knaben, von jungen Damen gesungen werden, weil vom Stimmbruch sicher verschont. Noch mit gehörig Lampenfieber in den Kehlen, laufen jedoch alle Solistinnen und Solisten im weiteren Verlauf der Aufführung zur Hochform auf.
 
Das könnte auch am Orchesterklang unter der Leitung von Thomas Rösner liegen, der, zu Beginn zeitweise schleppend, den verhältnismässig kleinen Saal leicht dominierte und die mozartesken Stimmen damit leicht in Bedrängnis brachte. Im Laufe des Abends pendelt sich jedoch auch das ein, und macht einer Homogenität Platz. Diese erschafft auch die gut aufeinander abgestimmte Wahl sämtlicher Stimmen, die in wunderbarer Lyrik ineinander verschmelzen. Eine doch recht seltene Harmonie, die unterschiedliche Leistungen gegenseitig stützt und einen angenehmen Zusammenhalt spürbar macht.
Auch der Chor der Bühnen Bern, unter der Leitung von Zsolt Czetner ist von hoher Qualität. Jede Artikulation verständlich, die Harmonien perfekt einstudiert, begleitet er das Geschehen zwischen den Aufzügen.
 
«Zu Hilfe! Zu Hilfe! sonst bin ich verloren, der listigen Schlange zum Opfer erkoren.»
Filipe Manu windet sich als Prinz Tamino mit präzisem, zartem Tenor durch die ewigen Wirren der Liebe. Bezaubert damit seine Pamina, die er, auf Geheiss der in Feindschaft gegenüberstehenden Priestergestalten Sarastro und der Königin der Nacht, vorerst enttäuschen muss.
Giada Borelli als Pamina, in ihrer Liebe zu Tamino heiss entflammt, liefert an diesem Abend die schönste Leistung. Mit feinem und ebenso sicherem Sopran, der in ihren wundervollen Arien die Herzen im Saal wirklich zu berühren vermag.
 
«Weiss mit dem Locken umzugeh'n, und mich aufs Pfeifen zu versteh'n.»
Nein, gepfiffen wird nicht auf der Bühne, denn das würde ein Unglück heraufbeschwören. Stattdessen flirrt Jonathan McGovern, in der Rolle des Papageno passend besetzt, mit sicherem Bariton durch die Szenerie und verursacht mit jugendlichem Leichtsinn ordentlich Chaos unter den Anwesenden. So wirft er ein Auge auf Pamina, deren er niemals würdig. Dabei verschmäht er das naheliegende Glück, das sich ihm auf dasselbe Auge drücken muss, um in wahrer Schönheit gesehen zu werden.
Marie Rihane als Papagena braucht die übliche Maske des alten Weibes nicht, um ihre Rolle glaubwürdig zu vermitteln. Mit komischem Talent agierend, verliert keine Zeit, ihren Geliebten zu erobern. Dazu wendet sie recht pragmatische Mittel an. Schliesslich sind ein voller Bauch und ein trautes Heim der probateste Weg der Verführung, der sich Papageno jedenfalls nicht entziehen kann. Und mag es reichlich eingeschenkter Wein sein, der sie plötzlich zur jungen Schönheit verwandeln lässt? Man weiss es nicht genau.
 
«Wen solche Lehren nicht erfreu'n, verdienet nicht ein Mensch zu sein.»
Als Sarastro gebietet der voluminöse, schwarze Bass von Matheus França dem ganzen Treiben erst einmal Einhalt. Dazu klinkt sich auf der weiblichen Seite Diana Schnürpel als Königin der Nacht ein. An diesem Abend stimmlich nicht ganz auf der Höhe, wendet sie Kraft und Druck an, um die schwindelerregenden Höhen bis zum hohen F mit leichtem quietschen zu erreichen. Das Publikum scheint es nicht zu bemerken und bejubelt sie unbeirrt zum Schlussapplaus. Alle Kraft und dazu Kaltherzigkeit wendet die Königin auch an, um Pamina davon abzuhalten, sich kopflos ihrer Liebe hinzugeben. Worin die drei Damen in Schwarz mit perfekter Harmonie einstimmen.
 
«Lebet wohl! Wir wollen gehen, lebet wohl! Auf Wiedersehen.»
Das Bühnenbild von Miron Schmückle reist, zusammen mit den stilvollen, hochwertigen Kostümen von Katja Wetzel, mit viel Humor durch Raum und Zeit und gewährt damit kleine Einblicke in mehrere Kulturen. Beides wirkt in jedem der vielen Aufzüge, eine Höllen-Herausforderung für Intendanz und Seilmeister, stilvoll und nie überladen oder lächerlich, wie es sonst oft der Fall ist. Für das Stadttheater Bern, das sich zu den «Bühnen Bern» reiht und ein eigenes Ensemble leistet, ist die Premiere jedenfalls ein voller Erfolg.

Vorstellungen noch bis zum 31. Dezember 2022
Infos und Tickets

Carmela Maggi
7. September 2022

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Bildrechte: Bühnen Bern