*Jacqueline Frei | Oper und Kultur

Oper und Kultur

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*Jacqueline Frei | Oper und Kultur

Portrait für die Künstlerin Jacqueline Frei


Jeder Seele ihren Weg
Den inneren Drang nach Malen und Gestalten spürte die Künstlerin Jacqueline Frei schon sehr früh. Parallel zu künstlerisch dominierten Hauptberufen entwickelte sie auf autodidaktischem Weg, aber auch unter fachlicher Anleitung eine Klaviatur an Techniken, derer sie sich heute bedient, um ihre Innenwelt mit den verschiedensten Methoden zum Ausdruck zu bringen. Ihre Werke können als Grosses in Ausstellungen bewundert, aber auch in handlicher Form, wie mit den Windlichtern im Unikat erworben werden. Bei letzteren offenbart sich die Liebe zur Lyrik in kalligrafischer Form.

1970 in der Ostschweiz geboren und aufgewachsen, hatte Jacqueline Frei bereits als Kind das starke Bedürfnis zu malen. Ihr grosses Glück dabei war, dass die Eltern volles Verständnis dafür aufbrachten und ihr das Kinderzimmer zur Gestaltung überliessen. Obwohl Mobiliar, Teppiche und Wände damit in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Während der Schulzeit malte sie nicht selten bis in die späte Nacht hinein, hätten ihr die Pflichten sonst keinen Raum dafür gelassen. Längere Zeit widmete sie sich der chinesischen Seidenmalerei und verdiente damals schon mit Kalligrafie und geschmackvollen Karten-Kreationen ein gutes Taschengeld. Dieses ermöglichte ihr dann auch die Beschaffung von neuem Malbedarf.
So war der darauf folgende Job in der grössten Papeterie der Region ein zusätzliches Spielfeld, bei dem sie durch die vorhandenen Materialien, aber auch durch die Klientel, alles Erdenkliche kennen lernen durfte, was es an malerischen Gestaltungsmöglichkeiten überhaupt gab. Bereits nach drei Wochen habe sie ihren Lohn für die Malutensilien bereits verputzt. Durch den Arbeitsplatz inspiriert wollte sie einfach alles, was es an Techniken gab, ausprobieren.

Alte Liebe rostet nicht
… könnte man in unserem Fall beinahe sagen. Denn genau in dieser Papeterie lernten wir uns als Arbeitskolleginnen in einer frühen Phase des Lebens kennen.
Im mehrstöckigen Laden arbeitete Jacqueline in der obersten Etage, auf der sich eine wunderbare Auswahl des feinsten Künstlerbedarfs befand. Farben, Pinsel, Spachtel, hunderte Papiersorten, Leinwände und vieles mehr standen hier zum Verkauf. Aber auch Tinte und Federn für schöne Kalligrafie hatten es ihr angetan.

Ich arbeitete damals im Erdgeschoss bei der Schreibwarenabteilung mit den kostbarsten Füllhaltern und anderen Luxusschreibgeräten, für die ich neben einer damals noch unerklärlichen Faszination für leere Bücher und meiner ersten Liebe, der Musik, grosse Leidenschaft pflegte.
Und zum ersten Mal, so scheint mir, kommen wir beim heutigen Interview nach 30 Jahren wirklich miteinander ins Gespräch. Dabei staunen wir darüber, wie sehr unsere damaligen Faszinationen doch die späteren Laufbahnen geprägt haben.

Der Stil passt sich dem Thema an
Genau wie damals, lässt sich die Künstlerin was die Ausdrucksmöglichkeit betrifft, auch heute nicht in ein bestimmtes Schema pressen.
Um die inneren Bilder und Ideen zu verwirklichen, schöpft sie mittlerweile aus einem reichen Fundus an Techniken, die sie hautsächlich als Autodidaktin, aber auch mittels späterer Kurse auf der Schule für Gestaltung in St.Gallen entwickelt hat. Später konnte Jacqueline Frei bei Workshops hinter historischen Gemäuern der Stadt Florenz und mithilfe von namhaften Künstlern in weiteren Ländern ihre Fähigkeiten ausbauen. Das alles fand parallel zu beruflichen Ausbildungen als Innendekorateurin, Wohnberaterin und Marketingplanerin statt. Es sollte jedoch noch lange dauern, bis die Künstlerin ihre Leidenschaft zum Malen ernst genug nahm, um daraus eine Berufung zu entwickeln.
Die Künstlerin lebt heute in Niederglatt. 2012 bezog sie dort gemeinsam mit ihrer Partnerin das 60 Quadratmeter grosse Atelier in einer ehemaligen Goldleisten-Fabrik. Gemeinsam hatten wir eine enorm kreative und produktive Zeit. Bereits ein Jahr nach dem Einzug hatte Jacqueline Frei die Möglichkeit, ihre Werke im Rahmen einer Gruppenausstellung in Dielsdorf und in der «Ateliergemeinschaft in der Goldleiste» zu präsentieren. Jährlich folgten mehrere Ausstellungen in der ganzen Schweiz.

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Sabbatical = Auszeit!
Diesen Weg zu gehen sei nicht immer einfach gewesen, erzählt Frei. Die Jahre im Aussendienst, in denen sie zwar ihr Auge für Ästhetik nutzen konnte, hätten sie dennoch geistig und körperlich so stark absorbiert, dass die Malerei in den Hintergrund geraten sei.
Das Bedürfnis, sich wieder künstlerisch auszuleben zu dürfen, war jedoch eines Tages nicht mehr zu verdrängen. So entschloss sie sich, den Job aufzugeben und im Rahmen eines Sabbaticals nach Indien zu gehen.
Diese Zeit habe Jacqueline Frei wieder die Augen für sich selbst geöffnet. Meditation und Yoga brachten ihr die nötige Selbst-Wiederfindung und vor allem die Inspiration zurück. Endlich fand sie wieder Musse und Zeit, ihr Innerstes mit gestalterischen Möglichkeiten zum Ausdruck zu bringen.
Zurück in der Schweiz reduzierte sie ihr Leben auf das absolut Nötige. Deshalb bezog sie ihr Atelier 2020 auch als Wohnplatz, für das der Einbau von Küche und sanitären Anlagen erforderlich war. Die Zusammenlegung von Werk- und Lebensraum habe nicht nur praktische Gründe. Denn jetzt brauchte sie nicht mehr mit dem Verlassen des Ateliers einen Abschluss des Schaffens zu finden um beim Aufschliessen wieder neu beginnen zu müssen. Jetzt kann sich die Künstlerin zu jeder Tages- und Nachtzeit ihren Ideen widmen. Das sei effektiv und zugleich beflügelnd.

Weg der Seele
Das letzte Werk der Künstlerin trägt den Namen "Gaia". Die Einzelausstellung "Menschsein" fand im Frühling 2021 im Ritterhaus in Bubikon statt.
Dafür entstand auch ein Triptychon in Acryl und Ölstift. In lebensbejahender Weise sind darauf Menschen abgebildet, die individuelle Wege einschlagen um ihrer Bestimmung zu folgen. Eine Ermutigung an sich selbst und die Welt, nicht zu sehr auf die Umgebung zu hören. Ja vielmehr dem eigenen Lebensplan nachzugehen, den die Meisten bereits in der Kindheit tief in sich tragen und meistens auch schon erkennen. Das
Werk trägt den Titel „Erlaube jeder Seele ihren Weg zu gehen“ - durch das die Künstlerin vom Bestseller „Gespräche mit Gott“ von Neale Donald Welsch inspiriert wurde.
Das Triptychon konnte die Künstlerin vor kurzer Zeit verkaufen. Die Frage, ob ihr das leicht gefallen sei, bejaht sie. Es habe sich ein so erfüllender Kontakt zu den Käufern entwickelt. Dadurch habe ihr Werk genau den richtigen Platz gefunden, bei dem es wertgeschätzt und in wunderbarer Weise auf Raum und Betrachtende wirken kann.

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Hermann Hesse als Seelenwärmer
So wie die Bilder und grösseren Gestaltungen bringen auch die Windlichter von Jacqueline Frei Licht in die Dunkelheit wärmen vor allem die Seele. Erzählt Frei. Mit dieser Kunstform lebt sie in erster Linie ihre Liebe zur Kalligrafie, aber auch zu lyrischen Passagen von Hermann Hesse, Konstantin Wecker und weiteren Dichter*innen aus. Diese Arbeiten bringen mit bestimmten Themen in Auftragsarbeit, oder aus eigenem Antrieb, das Licht der Kerze in eine schlichte und zugleich ästhetische Form. Die Unikate können als besonderes Geschenk an sich selbst und Andere dienen, einen geliebten Menschen aufmuntern, zu einem speziellen Ereignis oder bei einem Rendezvous die Liebe offenbaren und Vieles mehr.

Schwerpunkt des künstlerischen Schaffens bilden jedoch die figürlichen Darstellungen in Öl und Acryl auf Leinwand, also Porträts, in denen sich die wahre Seele eines Menschen herauskristallisiert. Verbunden mit einem wegweisenden Zitat versinnbildlichen die Bilder nicht nur die äusserliche, sondern vielmehr die innere Haltung. Aber auch abstrakte Darstellungen und Stilleben sind Teil von Jacqueline Freis Arbeit.
Das nächste grosse Thema sei das Opernhaus Zürich, das mitten im Malprozess stecke. Der "Sechseläutenplatz" davor und die Oper selbst haben es ihr schon längere Zeit angetan. In einer Zusammenfügung von mehreren Fotografien ist bereits ein farbintensives Werk im Grossformat entstanden, das mit den im Springbrunnen spielenden Kinder Ausgelassenheit und die pure Lebensfreude zum Ausdruck bringt.

Infos und Ausstellungen

Nächste Ausstellung am Bahnhof Zürich
Künstlerin Anwesend: 24. 8. 22 ab 18 Uhr, 25. - 27. 8. 22 von 17 - 21 Uhr, 28. 8. 22 von 11 - 18 Uhr.

Carmela Maggi
Künstlerportrait vom 21. Januar 2022

(Alle Bildrechte: Jacqueline Frei "Szenerie auf dem Sechseläutenplatz“/Öl- mit Acrylfarbe auf mit Kreide grundierter Natur-Leinwand/190 x 170 cm)photo-outputP1050913 2 2

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